Wird es in Österreich zu hohen Inflationsraten kommen?
Michael Scherling am 10. Februar 2011
Um diese Frage beantworten zu können, muss man die Ursachen für Inflation kennen. Diese sind:
- Starkes Wirtschaftswachstum mit Lohn/Preis-Spiralen
- Rohstoffpreissteigerungen
- Verfehlte Zentralbankpolitik („Wenn kein Geld für Projekte da ist, dann drucken wir es“, Robert Mugabe, Simbabwe)
Zu 1) In den Nachkriegsjahrzehnten gab es in Österreich starkes Wirtschaftswachstum, Arbeitskräfte waren knapp. Die Gewerkschaften hatten deshalb eine starke Verhandlungsposition und erkämpften hohe Lohnsteigerungen. Die Unternehmen mussten die Preise erhöhen, um die höheren Löhne verkraften zu können. Daraufhin forderten die Gewerkschaften wieder höhere Löhne …….. (=Lohn/Preis-Spirale)
Allein schon wegen der kaum wachsenden und älter werdenden Bevölkerung wird das Wachstum in Europa nicht mehr so stark sein. Das dämpft die Inflation. Zusätzlich können Unternehmen im Zeitalter der Globalisierung besser ausweichen und hohen Lohnforderungen durch Auslagerungen ins Ausland entgegentreten (Call-Center in Indien und Fabriken in Rumänien). Ausserdem ist der Konkurrenzdruck in fast allen Branchen stärker geworden, wodurch “Monopolpreise”, die beliebig erhöht werden können, kaum noch möglich sind. Eine klassische Lohn/Preis-Spirale ist also unwahrscheinlich.
Zu 2) Rohstoffe sind zwar wichtig, machen in unserem Warenkorb aber nur einen kleinen Teil aus. Ein extremes Beispiel kommt aus Japan, das selbst kaum Rohstoffe besitzt: In den letzten 10 Jahren sind die Rohstoffpreise um weit mehr als hundert Prozent gestiegen, die Inflationsrate ist aber nur von 0,5% auf 1% gestiegen und jetzt sogar wieder gefallen.
Kurzfristig merkt man allerdings in Österreich die Auswirkungen: 2007 hatten wir über 3% Inflation, die zum Grossteil aus steigenden Öl- und Rohstoffpreisen resultierte. 3 – 4% Preissteigerung p.a. sind also auch in Zukunft jederzeit möglich.
Zu 3) Zu tiefe Zinsen waren die Hauptursache für die aktuelle Finanzkrise, weil zu viele Kredite vergeben wurden, die sich die Kreditnehmer mit 6 oder 7% Kreditzins nicht leisten hätten können. Die „Immobilienblase“ in USA, Spanien, Irland und Grossbritannien wurde auf diese Weise massiv verstärkt.
Aktuell steigt zwar die Zentralbankgeldmenge, sie kommt aber in der Wirtschaft nicht an, weil wenige neue Kredite vergeben werden. Neue Nachfrage, die Inflation erzeugen könnte, entsteht also nicht. Selbst wenn sich die Kreditlage ändert, kann die EZB durch Zinserhöhungen jederzeit bremsend eingreifen.
Eine schöne empirische Evidenz: Japan! Seit 20 Jahren wächst die Wirtschaft nicht, die Bevölkerung schrumpft und wird älter. Konsequenz: Die Inflationsrate ist seit 20 Jahren beinahe Null! Und das obwohl die japanische Zentralbank Geld gedruckt (Staatsanleihen aufgekauft) und riesige Staatsausgabenprograme lanciert hat.
Ein “Luxusproblem” haben wir allerdings in Deutschland und Österreich: Das Zinsniveau ist für unsere recht gut laufenden Ökonomien viel zu tief. Das hat bereits zu Immobilienpreissteigerungen geführt und Lohnerhöhungen werden folgen. In Kombination mit anziehenden Rohstoffpreisen sollten uns also auch 4% Inflation nicht schrecken, es ist eher ein Zeichen der ökonomischen Gesundheit.
Zusammenfassend kann ich Sie beruhigen: wirklich hohe Inflationsraten sind nur möglich, wenn sich die Europäische Zentralbank auf das Niveau von Robert Mugabe begibt. Und das wird nicht passieren.