Fremdwährungskredite
Michael Scherling am 26. Juni 2012
Gleich nach dem Thema “Inflation” bekomme ich die zweitmeisten Anfragen zu Finanzierungen in Schweizer Franken. Aus diesem Grund möchte ich eine Zusammenfassung aus aktueller Sicht bieten.
Man muss ins Jahr 1978 zurückgehen, um einen Kursanstieg des Schweizer Frankens zur D‑Mark um 25% zu sehen. Wegen der engen Verflechtung der Wirtschaftsräume ging man davon aus, daß ein von Eurostaaten umrundetes Land eine eng korrelierende Währung hat.
Weit nach Ausbruch der Finanzkrise, nämlich Mitte 2009, wurden die renommiertesten Experten aller grossen Schweizer Banken nach einer Kursprognose für 2010 gefragt. Ergebnis: alle Schätzungen bewegten sich zwischen 1,45 und 1,55. Tatsächlich war der Tiefpunkt 2010 bei 1,25 und 2011 bei fast 1,0!
Das “worst case” — Szenario ist also tatsächlich eingetreten. Also starten wir gleich mit einer ebensolchen Zukunft:
Zerfall der Eurozone:
Fällt die Eurozone auseinander, wird Österreich zu einem neuen Währungsraum mit starken Ländern gehören (Deutschland, Finnland, Niederlande ‚..). Dann sind sogar Kurse um 1,6 wieder denkbar. Das Extremszenario ist also für Kreditnehmer in Franken nicht wirklich erschreckend. Zwischenzeitliche Turbulenzen können natürlich auftreten.
Unveränderte Eurokonstellation:
Viel schlimmer ist ein “Weiterwursteln” wie bisher. Die Politiker haben durch 30 Jahre Schuldenmachen die aktuelle Krise ausgelöst (und schieben es “bösen Spekulanten” in die Schuhe, was wirklich Unsinn ist). Derzeit sehe ich keine Tendenz, daß Politiker einsichtig geworden sind. In Frankreich etwa geht alles in die komplett falsche Richtung: Die Schulden werden nicht reduziert und Reformen sogar zurückgenommen! Es lebe der kurzsichtige Populismus .…
Gut, daß es eine Schweizer Nationalbank gibt. Jede Zentralbank lebt ausschliesslich davon, daß ihr vertraut wird. Wenn sich die Eidgenossen vom Mindestkurs von 1,2 abbringen lassen, wäre für die nächsten 50 Jahre jedes Vertrauen weg. Deshalb gehen alle Fachleute davon aus, daß diese Grenze hält. Technisch ist das kaum ein Problem: Die Nationalbank hat ja das Monopol auf Franken und kann theoretisch unbegrenzt Franken ausgeben und ihn damit abschwächen.
Was tun?
Ohne Finanzkrise würden Kreditnehmer gegen 4% Zinsen zahlen, derzeit nur rund 1%. Meine dringende Empfehlung: Legen Sie die 3% Ersparnis an!!! Wenn Sie also 100.000 Euro Fremdwährungkredit haben, legen Sie zusätzlich zu den aktuellen Zahlungen 3.000 Euro pro Jahr zur Seite (ohne Finanzkrise müssten Sie die ja auch zahlen können).
Dann haben Sie nach z.B. 15 Jahren rund 55.000 Euro beisammen und steigen vielleicht sogar mit Gewinn aus. Zwischenzeitliche Sondertilgungen bei gutem Kurs sind natürlich zusätzlich sinnvoll.
Fazit: 100%ige Sicherheit gibt es bei Währungen nie. Dennoch sollten Franken-Kreditnehmer aktiv werden.