Die bösen Spekulanten?
Michael Scherling am 1. Februar 2013
Seit der Finanzkrise sind nicht mehr nur linksradikale Gruppen sondern eine breite Mehrheit der Bevölkerung nicht gut auf Spekulanten zu sprechen. Ist das gerechtfertigt?
Zunächst gehen wir am besten einen Schritt zurück: Treffen sich ein Bauer und ein Bäcker. Kein Witz, sondern der Beginn der Erklärung des Entstehens von “Spekulation”. Den Landwirt kostet die Produktion von 10 Tonnen Getreide z.B. 10.000 Euro (Wasser, Düngermittel, Saatgut etc.). Die Preise, die er bei der Ernte erzielen kann, schwanken aber. Wenn er Pech hat, bekommt er nur 9.000 Euro, im Glücksfall 15.000 Euro. Der Bauer findet das nicht lustig, weil er ja seine Familie ernähren möchte und stabile Einnahmen braucht. Ihm wäre geholfen, wenn ihm jemand fix 12.000 Euro zahlt.
Der Bäcker mag auch keine Schwankungen beim Getreidepreis, weil sich die Kunden beschweren wenn er die Semmelpreise deshalb erhöht.
Also treffen sich die beiden und vereinbaren schon ein halbes Jahr vor der Ernte einen Fixpreis von 12.000 Euro. Alle sind glücklich. Damit sichergestellt werden kann, daß jeder Bauer immer einen Bäcker findet, gibt es Börsen, an denen Weizen-Futures gehandelt werden. Das hat nichts mit Spekulation zu tun, sondern mehr mit Absicherung.
Natürlich kann man diese Futures und ähnliche Finanzinstrumente auch handeln, ohne Bauer zu sein. Ist man deshalb böse?
Grundsätzlich nein, denn je mehr Händler es gibt, desto besser und vielfältiger sind die Möglichkeiten für Bauer und Bäcker. Wenn allerdings Nahrungsmittelpreise durch die Marktteilnehmer künstlich in die Höhe getrieben würden, wäre das für viele Menschen eine Katastrophe und müsste verhindert werden. Diesbezügliche wissenschaftliche Studien kommen aber zu keinem eindeutigen Ergebnis, ein negativer Effekt ist nicht klar beweisbar.
Ein Verbot von Spekulation ist in einer globalisierten Welt aber ohnehin nicht möglich und hätte auch mindestens so viele negative Effekte wie positive.
Trotzdem gilt für Privatanleger: Hände weg von Rohstoffanlagen. Erstens weil die Folgen nicht klar sind und zweitens weil Rohstoffanlagen historisch nur den gleichen Ertrag wie Staatsanleihen bringen, aber viel mehr schwanken und damit viel riskanter sind.
Fazit: Wer behauptet, dass Spekulation böse ist, hat den Hintergrund nicht verstanden. Trotzdem sollten Sie kein Geld in Rohstoffanlagen investieren.