Der sichere Konkurs Japans
Michael Scherling am 1. März 2013
Eine der schlimmsten Unsitten in der Wirtschaftswelt ist das Kurzfristdenken. Manager und Mitarbeiter werden nach Quartalszahlen beurteilt, egal ob deren Ursachen dem längerfristigen Wohlergehen des Unternehmens schaden oder nicht.
Ökonomen denken zumeist auf Sicht von 1 Jahr, was immer noch nicht besonders vorausschauend ist. Begründet wird das mit der mangelnden Vorhersehbarkeit der Zukunft. In vielen Fällen ist das gerechtfertigt, nicht aber im Fall Japans. Dem Land steht der sichere Bankrott bevor, aber noch nicht im nächsten Jahr, sondern erst in 5 – 10 Jahren.
Jetzt zur Erklärung:
Stellen Sie sich vor, Sie haben monatliche Ausgaben von 4.000 Euro, verdienen aber nur 2.000 Euro. Als Lösung nehmen Sie 2.000 Euro p.m. zusätzlichen Kredit auf, obwohl Sie schon mehr als das doppelte Jahreseinkommen an Schulden haben.
Klingt nicht gut, oder? Genau in dieser Situation ist Japan.
Griechenland ist mit 140% der jährlichen Wirtschaftsleistung verschuldet und wird als unrettbar bezeichnet. Die Asiaten weisen 240% auf und müssen nur 1% für die Staatsschulden bezahlen. Seltsam, oder?
Der Grund für die Differenz ist folgender: Die Japaner sind reich und kaufen der Regierung die neuen Staatsanleihen zu einem niedrigen Zins ab. Dadurch besteht (noch) keine Abhängigkeit vom internationalen Kapitalmarkt, der im Fall Griechenlands versiegt ist.
Der japanische Pensionsfonds ist der größte der Welt und investiert vor allem in die Anleihen des eigenen Staates. Aktuell wird dort überlegt, wegen der aggressiven Geldvermehrungsstrategie der Zentralbank weniger dieser Titel zu erwerben. Mittelfristig geht es aber ohnehin nicht anders: Japan hat die älteste Bevölkerung der Welt und die am schnellsten alternde. Somit wird immer mehr vom Pensionsfonds abgezogen und immer weniger eingezahlt.
Die Folge: Die Japaner können in Zukunft nicht mehr so viele eigene Staatstitel kaufen und sind auf Ausländer angewiesen. Diese aber werden erkennen, dass die riesigen Schulden niemals zurückgezahlt werden können. Das hat in diesem Umfang in der Menschheitsgeschichte noch nie ein Land geschafft.
Aus diesem Grund werden die ausländischen Gläubiger mittelfristig höhere Zinsen verlangen, z.B. 4% statt der aktuellen 1%. Dummerweise gibt Japan schon jetzt 25% des Budgets für Zinszahlungen aus. Sie können leicht ausrechnen, dass bei diesem Zinsanstieg nichts mehr von den Einnahmen übrigbleibt und das Land pleite ist.
Optimisten wenden ein, dass das reiche Land ja nur die Mehrwertsteuer erhöhen müsste und schon sei alles saniert. Eine Erhöhung im nötigen Ausmaß würde aber die Wirtschaft und damit auch die Steuereinnahmen stark einbrechen lassen und die Misere nicht wesentlich verbessern.
Der neue Premierminister hat sich nun eine “geniale” Idee einfallen lassen. Er versucht die Inflation zu erhöhen, lässt die Zentralbank fast unbegrenzt Yen drucken und senkt damit den Außenwert der Währung. Dadurch machen die Exporteure höhere Gewinne und etwa die Autobauer werden die deutsche Konkurrenz ins Schwitzen bringen. Ein künstlicher Boom wird erzeugt, die Aktien des Inselstaates steigen bereits massiv. Leider ist das eine kurzfristige, kreditfinanzierte Blasé, die in wenigen Jahren platzen wird. Lassen Sie sich also nicht von positiven Schlagzeilen in den Medien der nächsten 1 – 2 Jahre beirren.
Fazit: Ein Land mit schrumpfender Bevölkerung und 240% Schulden hat genau 2 Möglichkeiten: a) Staatsbankrott und Schuldenschnitt oder b) Hyperinflation. Es wird spannend, wofür sich die Japaner entscheiden werden.