Das neue, alte Wirtschaftswunderland
Michael Scherling am 19. Juni 2013
Totgesagte leben länger, das gilt auch für ein Land, aus dem es in den letzten Jahren nicht viel Positives zu berichten gab: die USA.
Was ist nun in den letzten 5 Jahren geschehen, das so viel Lob begründet:
Banken: eigentlich hatte ja eine US-Bank die Finanzkrise ausgelöst und zahlreiche Pleiten kleinerer Institute folgten. Aber: die Amerikaner haben schnell und richtig gehandelt, mit Kapitalhilfen Schlimmeres verhindert und einen Entschuldungsprozess ermöglicht. Seit 2012 kann die Bankenlandschaft wieder als gesundet betrachtet werden. Ganz im Gegensatz zu Europa, wo weiter riesige Zombiebanken von Politikern durchgefüttert werden und eine Marktbereinigung verhindert wird.
Budgetdefizit: viele warnten vor dem “Fiscal Cliff”, den automatischen Ausgabenkürzungen, die tatsächlich in Kraft getreten sind, weil sich die beiden Großparteien nicht einigen konnten. Tatsächlich verringert sich dadurch das Budgetdefizit, ohne zu einem Wirtschaftseinbruch geführt zu haben. Eine fast ideale Situation also.
Immobilienpreise: nach einem starken Preisverfall kann man inzwischen davon sprechen, dass der Tiefpunkt durchschritten ist. Die Preise haben nachhaltig zu steigen begonnen.
Haushaltsverschuldung: die US-Konsumenten konnten ja durch ihren Konsum die Wirtschaft nicht mehr unterstützen, weil die Überschuldung extrem war. Immer noch ist das Kreditniveau hoch, aber ein deutlicher Rückgang ist zu bemerken.
Zentralbankpolitik: ja, noch wird viel Geld bereitgestellt, um die Zinsen tief zu halten, aber inzwischen haben auch die allerletzten “Experten” erkannt, dass Schuldenkrisen nicht zu Inflation führen. Das viele Notenbankgeld ändert daran, wie in diesem Blog mehrfach beschrieben, nichts.
Re-Industrialisierung: ein großes Problem bis 2008 war, dass kaum noch Sinnvolles hergestellt wurde. Die meisten Produkte importierte man aus China und Europa. Nun hat eine Gegenbewegung eingesetzt: Während in vielen Ländern (v.a. Asiens) die Löhne stiegen, blieben die Lohnkosten in den Staaten konstant, wodurch es für die Unternehmen wieder leistbarer wurde, im Heimatland zu produzieren.
Noch ein stärkerer Hebel für die Rückkehr des produzierenden Gewerbes ist aber der Rohstoffboom. Unbemerkt von der Öffentlichkeit wurden seit 2008 riesige Öl- und Gasvorkommen im Schiefergestein entdeckt. Die Gaspreise sind bereits um 70% gesunken und die USA werden ihren Bedarf an Energie in den nächsten Jahren selbst decken können.
Wegen der niedrigen Energiekosten strömen aus aller Welt Firmen in die USA, so auch die österreichische VOEST, die um 500 Millionen Euro ein Werk errichtet.
Rund 2 Millionen Arbeitsplätze entstehen, wodurch die Arbeitslosigkeit reduziert und wegen der höheren Steuereinnahmen das Budgetdefizit weiter gesenkt wird.
Demographie: Japan steckt ausweglos in der Falle, weil die Bevölkerung schrumpft. Dadurch ist das Schuldenniveau untragbar. In den USA ist das anders: die Einwohnerzahl steigt kontinuierlich, mehr Menschen konsumieren mehr, zahlen mehr Steuern und wollen Immobilien kaufen.
Fazit: die USA sind in der Bewältigung der Finanzkrise sehr weit vorangekommen und haben wieder gute Voraussetzungen für die nächsten 10 – 15 Jahre.