Wird Gold im Jahr 2016 glänzen?
Michael Scherling am 6. Januar 2016
Menschen tendieren dazu, Trends der Vergangenheit in die Zukunft fortzuschreiben. So glaubten viele nach einem Anstieg des Goldpreises von 500 auf 1.900 Dollar pro Unze von 2006 bis 2011 an eine weitere Steigerung auf 10.000 Dollar in wenigen Jahren.
Genau das Gegenteil passierte: weil zu viele Leute mitspekuliert hatten und keine neue Nachfrage mehr vorhanden war, sank der Preis auf unter 1.100 Dollar. Einige Käufer hatten sich von falsch dargestellten Zusammenhängen blenden lassen. So schützt Gold etwa wie schon 2011 und 2013 in diesem Blog beschrieben, keineswegs vor Inflation.
Dennoch sind die Aussichten für 2016 nicht so schlecht:
Kaum jemand glaubt an steigende Goldnotierungen. Antizyklische Investoren wissen dass das ein Hinweis auf höhere Kurse ist.
Noch viel wichtiger ist aber Folgendes:
Am stärksten ist der Goldpreis vom “Realzins” abhängig. Ein Beispiel: Wenn der Sparbuchzins 4% beträgt und die Inflation 2%, dann ist der Realzins 2%. In einem solchen Szenario gibt es kaum Gründe für Edelmetallkäufe, da diese keinen laufenden Ertrag bringen, das Sparbuch hingegen schon.
Hat man eine Idee, wie sich dieser reale Zins entwickelt, kann man auch eine Tendenz beim Goldpreis erahnen, weil gilt: höherer Realzins = tieferer Goldpreis und umgekehrt.
Die aktuelle Situation stellt sich etwa so dar: In den USA glauben alle an einen höheren Realzins, weil die Zentralbank die Zinsen erhöht und die Inflation niedrig angenommen wird. Beide Annahmen halte ich für falsch und damit auch die Idee fallender Edelmetallnotierungen.
Die Lage der amerikanischen Industrie ist nicht gut und auch sonst zeichnet sich ein Konjunkturabschwung ab. Am stärksten wachsen noch die Dienstleistungen und dabei die Anwaltshonorare. Ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zeichnet sich aber nicht dadurch aus, dass wir uns gegenseitig immer mehr verklagen…
Fazit: Die US-Zentralbank wird die Zinsen weit weniger erhöhen können als angenommen wird, weil höhere Zinsen die Wirtschaft zu stark bremsen würden.
Zur Inflation: diese ist vor allem wegen des gesunkenen Ölpreises so tief. Prozentuell kann dieser aber gar nicht so stark weiter fallen. Stabilisiert er sich nur, steigt die Teuerungsrate automatisch.
Somit wird es aus meiner Sicht keinen steigenden Realzins geben — die steigende Inflation wird den nur wenig höheren Zinsertrag eliminieren. Dadurch werden Goldinvestments lukrativer.
Fazit: Glauben Sie keiner Goldprognose, auch meiner nicht. Eine Vorhersagbarkeit ist grundsätzlich nicht gegeben. Dennoch ist es sinnvoll, die Zusammenhänge zu kennen, um sich nicht von Gerüchten und Medienschlagzeilen in die Irre führen zu lassen.