Populismus und Ökonomie
Michael Scherling am 9. November 2016
Die Welt gehört seit heute endgültig den Populisten. Schon der Ausstieg Großbritanniens aus der EU war nur durch gezielte Falschmeldungen der EU-Gegner und der Medien möglich, ebenso die heutige Wahl eines Stammtisch-Proleten zum US-Präsidenten. Dessen Wähler glauben z.B. mehrheitlich nicht, dass Obama in den USA geboren ist. Die Macht der Boulevard-Medien ist enorm. Wer sie beeinflussen kann, gewinnt offensichtlich alle Wahlentscheidungen. Das wissen auch Orban in Ungarn und Erdogan in der Türkei.
Was bedeutet das nun ökonomisch?
Gerade hat die Welt begonnen, sich von der Finanzkrise 2008 und der Eurokrise 2011 zu erholen: die Arbeitslosenraten sind kräftig gesunken, das Wirtschaftswachstum ist fast auf Vorkrisenniveau, die Löhne beginnen zu steigen und die ökonomischen Stimmungsindikatoren waren bis gestern sehr gut.
Das Umfeld wäre also ausgezeichnet. Womit Menschen aber am allerwenigsten umgehen können, ist Unsicherheit. Keiner weiß wie sich der Brexit auswirken wird (deshalb habe ich keinen Artikel darüber geschrieben — Prognosen sind völlig sinnlos) und niemand kann voraussehen, welche Wahlversprechen Trump tatsächlich umsetzen wird.
In unsicheren Zeiten investieren Unternehmen aber ungern neues Geld und Konsumenten sparen lieber mehr als sie ausgeben. Das bremst die beginnende Erholung aus.
Klar scheint aber dass Zinserhöhungen noch weiter in die Zukunft verschoben werden. Obwohl die Nachteile der Nullzinspolitik immer offensichtlicher werden, ist den Zentralbanken eine Erhöhung in so unsicheren Zeiten fast unmöglich.
Fazit: einige Monate bevor Hitler in Deutschland an die Macht kam, gab es bereits einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung. Weil dieser aber noch nicht bei den Menschen angekommen war, kam es zu einem Desaster. Auch der aktuelle Aufschwung ist noch nicht bei der Bevölkerung angekommen, weshalb Populisten die Gelegenheit bekommen, neue Desaster anzurichten.