Ist der Aufschwung schon wieder vorüber?
Michael Scherling am 26. April 2018
Seit Beginn des Jahres haben sich die Konjunkturindikatoren eingetrübt und seit Februar sinken die Kurse an den weltweiten Aktien- und Anleihemärkten. Kaum merken wir einen Aufschwung in Europa, ist er auch schon wieder vorbei?
Um diese Frage zu beantworten müssen wir uns die Gründe für die Rückgänge anschauen:
- Angst vor Handelskrieg
- Angst vor stark steigenden Zinsen
- Angst vor überhöhten Börsenkursen und Überschuldung
Unternehmen investieren ungern, wenn hohe Unsicherheit herrscht. Genau die wird durch die Trump-Politik erzeugt. Inhaltich ist diese Politik aber verständlich, wenn man weiß, dass Europa höhere Zölle als die USA verlangt und China keinen freien Marktzutritt erlaubt, sondern geistiges Eigentum stiehlt, indem ausländische Firmen gezwungen werden, mit einheimischen Firmen Gemeinschaftsunternehmen zu gründen, an denen die Chinesen mindestens 51% halten.
Ähnliche Maßnahmen hat aber schon Georg Bush jun. erlassen, um sie nach kurzer Zeit wieder zurückzunehmen, weil zu viele US-Arbeitsplätze durch die Zölle gefährdet waren. Alles deutet darauf hin, dass Trump nur droht, um einen „Deal“ zu machen. Als Geldanleger spielt das Thema ohnehin keine Rolle, da jede Veranlagung auf weniger als 5 Jahre sinnlos ist und nach 5 Jahren die aktuellen Handelskriegsdrohungen keine Rolle mehr spielen werden.
Ähnlich verhält es sich bei den steigenden Zinsen: In der Eurozone ist ein starker Anstieg ausgeschlossen, weil Staaten wie Italien sehr schnell in Zahlungsschwierigkeiten kommen würden. Nachdem die Europäische Zentralbank dazu gemacht ist, den Euro zu beschützen, muss die darauf Rücksicht nehmen und wird die Zinsen extrem langsam und vorsichtig erhöhen.
Überhöhte Börsenkurse gibt es vielleicht bei einigen Internetunternehmen, aber der Rest steht inflations- und gewinnbereinigt nicht höher als vor 20 Jahren. Eine Blasé ist definitiv nicht zu erkennen.
Überschuldung gibt es sicherlich bei vielen US- und chinesischen Unternehmen. Diese profitieren allerdings immer noch von tiefen Zinsen. Im Fall Chinas kann zusätzlich der kaum verschuldete Staat die Schuldenlast locker übernehmen.
Wirklich schlimme Krisen gehen fast immer von einer Überschuldung der Privathaushalte aus (z.B. Spanien und USA 2007 oder Japan 1991). Der Anteil von Schuldenzahlungen vom laufenden Einkommen ist weltweit so gering wie vor 15 Jahren. Gefahr droht aus dieser Ecke also keine.
Fazit: Entwarnung! Die Konjunktur wird noch einige Zeit gut laufen und ein Einbruch wie 2008 an den Wertpapiermärkten steht nicht bevor.