Die "wahren" Kosten eines italienischen Euro-Austritts
Michael Scherling am 10. Juli 2018
Immer öfter liest man über hunderte Milliarden Euro, die von den nördlichen Euro-Ländern über das “Target 2 — System” an die südlichen Staaten geflossen sind und im Fall eines Euro-Austritts Italiens von uns zu bezahlen seien. Allein Deutschland hätte 1.000 Milliarden an Forderungen. Politische Parteien in unserem Nachbarland machen der Bevölkerung mit diesem Thema Angst.
Was ist nun dran?
Target ist ein elektronisches System, mit dem die Zentralbanken aus dem Eurosystem grenzüberschreitende Überweisungen in der Eurozone abwickeln. Zweck: jeder soll in der Lage sein, Güter‑, Kredit- und Wertpapiergeschäfte schnell und zuverlässig in der gesamten Eurozone zu machen.
Seit 2015 kauft nun die Europäischen Zentralbank Anleihen, um die Zinsen für die Staatsschulden niedrig zu halten. Die Abwicklung erfolgt über die nationalen Zentralbanken.
Alle italienischen Anleihen werden von der Banca d’Italia erworben, aber viele Banken, die der italienischen Nationalbank Anleihen verkaufen, haben ein Bankkonto in Frankfurt. Daraus abzuleiten, dass Deutschland Forderungen gegen Italien hat, ist nicht korrekt.
Deutsche Bundesbank und österreichischen Nationalbank haben aus Target‑2 keine direkte Forderung gegen Italien!
Target-2-Forderungen bestehen nur gegenüber der Europäischen Zentralbank.
Was ist nun im Fall des Untergangs der EZB?
Nachdem diese das Monopol auf unsere Währung hat und die Forderung gegen Italien zeitlich unbefristet ist (es existiert keine Tilgungspflicht), sind viele kreative Lösungen des Problems möglich, ohne die Staatshaushalte der übrigen Länder übermäßig zu belasten.
Fazit: verlässt Italien den Euroraum, entstehen für die anderen Staaten wohl einige Kosten, aber sicher nicht hunderte Milliarden, die in den Medien zu lesen sind.