Was Griechenland wirklich hilft
Michael Scherling am 3. September 2018
Uns Ökonomen wird oft vorgeworfen, dass wir viele Zusammenhänge nicht erkennen und Prognosen häufig falsch sind. Leider stimmt das und ist in der Komplexität des Zusammenwirkens von Milliarden Menschen begründet. Naïve Vertreter unserer Branche meinen immer noch, menschliches Verhalten durch Formeln beschreiben zu können und bekommen sogar Nobelpreise dafür. Die Finanzkrise hat aber gezeigt, dass diese Modelle unbrauchbar sind.
Dennoch ist die unsere Zunft lernfähig und weiß nun z.B. besser, wie man strauchelnden Staaten helfen kann.
Vor Kurzem gaben EU-Vertreter zu, dass die Hilfe für Griechenland nicht erfolgreich war und den Bürgern zu hohe Lasten für die Hilfskredite abverlangt wurden.
Volkswirtschaftlicher Hintergrund: wenn private Haushalte überschuldet sind und die Unternehmen ebenfalls in einer Krise sind, darf der Staat nicht auch noch sparen. Geschieht dies doch, ist eine Abwärtsspirale nicht aufzuhalten, weil sich die 3 Akteure gegenseitig in den Abgrund ziehen.
Wankelmütigen Politikern Geld nachzuwerfen ist aber auch keine Lösung. Im Gegenzug zu Hilfskrediten müsste sich Griechenland zu einigen Dingen verpflichten:
- Monopole abschaffen
- Unternehmensgründung erleichtern
- Steuerprivilegien von Militär, Reedern und Kirche eliminieren und Steuereintreibung verbessern
- Überhöhte Gehälter von Staatsbediensteten und Luxus-Pensionen kürzen
- Auslandsvermögen reicher Griechen besteuern und/oder zurückholen
- Sonderzonen errichten, in denen internationale Firmen zu Sonderbedingungen investieren können
Stärken müssen ausgebaut werden:
- Griechenland ist ein idealer Brückenkopf zu Asien und Afrika. Investitionen in die vorhandenen Häfen und Bahninfrakstruktur wären wichtig.
- Perfekte Bedingungen sind für den Ausbau von Wind- und Sonnenenergie vorhanden. Ohne Einfuhr von Öl und Gas hätte das Land kein Handelsbilanzdefizit!
- Das Bildungssystem sollte erneuert werden — mehr Praxisnähe und Zukunftsorientierung sind gefragt.
Liegen alle diese Reformvorhaben vor, kann den Griechen ein Drittel der Schulden erlassen und ein weiteres zinslos gestundet werden. Das restliche Drittel kann das Land normal zurückzahlen.
Es gibt eine wunderbare Eigenschaft der internationalen Finanzmärkte, die häufig übersehen wird: Lancieren Politiker glaubwürdige Reformen wie oben beschrieben, bekommt ein Land sehr schnell wieder Kredite zu Bestkonditionen. Somit wird ein solches Programm per selbsterfüllender Prophezeiung zum Erfolg.
Fazit: wenn Politiker neue volkswirtschaftliche Erkenntnisse berücksichtigen statt ausländische Kräfte für alles Schlechte im Land verantwortlich zu machen, haben auch Staaten wie Griechenland eine rosige Zukunft.
Entwicklungshilfe aus ökonomischer Sicht
Michael Scherling am 3. August 2017
Vor 40 Jahren waren die ersten schockierenden Bilder von hungernden afrikanischen Kindern im Fernsehen zu sehen. Europa reagierte mit Lebensmittelhilfe, die zwar die Not kurzfristig linderte, aber auch dazu führte, dass der Anreiz sich selbst zu versorgen, sank.
Seit etwa 20 Jahren wird deshalb vermehrt versucht, durch Wissenstransfer, Maschinen, Infrastruktur, neue Brunnen zur Wasserversorgung etc. zu helfen.
Leider wird das grundlegende Problem immer noch nicht angesprochen:
In vielen Ländern (z.B. im Niger) haben Männer mit jeder ihrer Frauen sieben Kinder. Frauen werden zu Gebärmaschinen degradiert, Männer fühlen sich erst dann männlich, wenn sie mehr als 10 Kinder gezeugt haben. So lange dieser Wahnsinn nicht gestoppt wird, ist jede andere Art von Entwicklungshilfe ökonomisch völlig sinnlos!
Im Gegenteil: Entwicklungshilfeorganisationen versetzen die 7 Kinder pro Frau in die Lage, selbst wieder 7 Kinder zu zeugen. Indem man einem Kind hilft, werden 7 neue hungernde, leidende Kinder ohne Chance im Leben geboren.
Die UNO erwartet, dass in 30 Jahren 2,4 Milliarden Menschen in Afrika leben werden und 4 Milliarden 50 Jahre später! Alleine in Nigeria werden 2017 mehr Kinder geboren als in der ganzen EU.
Eine Vervierfachung der Bevölkerung in nur 3 Generationen muss zu Krieg, Hunger, Elend und Auswanderung führen!
Leider gilt es immer noch als “politisch unkorrekt”, dieses Grundübel anzusprechen.
Was sind ökonomisch vernünftige Lösungen:
- Vorausschauende Bevölkerungspolitik: China ist ein positives Beispiel: Ohne vorausschauende Bevölkerungspolitik würden wohl 500 Millionen Menschen mehr in diesem Land leben. Naivität muss man denjenigen unterstellen, die meinen, dass China dann immer noch so (relativ) friedlich wäre. Die Studien zur “Youth Bulge” von Gunnar Heinsohn belegen das historisch. In Ländern mit hohem Anteil an 15 – 25-jährigen Männern kam es in der Vergangenheit immer zu Krieg oder Bürgerkrieg (auch die beiden Weltkriege lassen sich so erklären).
- Bildung: je gebildeter vor allem die Frauen sind, desto höher ist die Chance, dass sie nicht nur rechtlose, willenlose Gebärmaschinen werden.
Fazit: Die westliche Welt geht das Thema Entwicklungshilfe mit erstaunlicher Naivität an und wird so lange scheitern, so lange die Wurzel des Problems der unkontrollierten Bevölkerungsvermehrung nicht angepackt wird!
Populismus und Ökonomie
Michael Scherling am 9. November 2016
Die Welt gehört seit heute endgültig den Populisten. Schon der Ausstieg Großbritanniens aus der EU war nur durch gezielte Falschmeldungen der EU-Gegner und der Medien möglich, ebenso die heutige Wahl eines Stammtisch-Proleten zum US-Präsidenten. Dessen Wähler glauben z.B. mehrheitlich nicht, dass Obama in den USA geboren ist. Die Macht der Boulevard-Medien ist enorm. Wer sie beeinflussen kann, gewinnt offensichtlich alle Wahlentscheidungen. Das wissen auch Orban in Ungarn und Erdogan in der Türkei.
Was bedeutet das nun ökonomisch?
Gerade hat die Welt begonnen, sich von der Finanzkrise 2008 und der Eurokrise 2011 zu erholen: die Arbeitslosenraten sind kräftig gesunken, das Wirtschaftswachstum ist fast auf Vorkrisenniveau, die Löhne beginnen zu steigen und die ökonomischen Stimmungsindikatoren waren bis gestern sehr gut.
Das Umfeld wäre also ausgezeichnet. Womit Menschen aber am allerwenigsten umgehen können, ist Unsicherheit. Keiner weiß wie sich der Brexit auswirken wird (deshalb habe ich keinen Artikel darüber geschrieben — Prognosen sind völlig sinnlos) und niemand kann voraussehen, welche Wahlversprechen Trump tatsächlich umsetzen wird.
In unsicheren Zeiten investieren Unternehmen aber ungern neues Geld und Konsumenten sparen lieber mehr als sie ausgeben. Das bremst die beginnende Erholung aus.
Klar scheint aber dass Zinserhöhungen noch weiter in die Zukunft verschoben werden. Obwohl die Nachteile der Nullzinspolitik immer offensichtlicher werden, ist den Zentralbanken eine Erhöhung in so unsicheren Zeiten fast unmöglich.
Fazit: einige Monate bevor Hitler in Deutschland an die Macht kam, gab es bereits einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung. Weil dieser aber noch nicht bei den Menschen angekommen war, kam es zu einem Desaster. Auch der aktuelle Aufschwung ist noch nicht bei der Bevölkerung angekommen, weshalb Populisten die Gelegenheit bekommen, neue Desaster anzurichten.
Die falsche Sicht auf China
Michael Scherling am 16. November 2015
Seit ich im Jahr 2003 eine Studie mit dem Namen “Vergleich der Transformation des Kommunismus in Russland und China” gelesen habe, beschäftige ich mich intensiv mit dem Milliardenvolk und seiner Ökonomie.
Schon damals war ersichtlich, dass die Russen ziemlich alles falsch gemacht hatten und die Chinesen beinahe alles richtig (ökonomisch, nicht politisch!).
Dennoch wurde auch 2003 in den Medien nur Negatives berichtet. Grund waren damals die ineffizienten riesigen Staatsbetriebe, die mit westlichen Firmen in keiner Weise mithalten konnten.
Wenn man im Jahr 2015 Zeitungen liest oder im Fernsehen Berichten lauscht, bekommt man immer noch den Eindruck, dass alles kurz vor dem Zusammenbruch steht und diesmal wegen der Größe der chinesischen Wirtschaft sogar die ganze Welt in Mitleidenschaft gezogen wird.
Tatsächlich ist ein Masterplan erkennbar: 3 Jahrzehnte lang wurde eine gewaltige Exportindustrie aufgebaut und eine moderne Infrastruktur (Straßen, Bahnen, Kraftwerke etc.) errichtet. Diese Entwicklung ist nun zu Ende. Die chinesischen Wirtschaftslenker haben das erkannt und setzen nun auf eine Stärkung des Inlandskonsums, besseren Umweltschutz und Zukunftstechnologien.
Erste energieautarke Städte sind bereits im Entstehen, noch beeindruckender ist aber die Wohlstandsentwicklung:
+ Die Einzelhandelsumsätze stiegen in den letzten 12 Monaten um 11%(!!!).
+ Die Lohnerhöhungen betrugen in diesem Zeitraum je nach Branche zwischen 5 und 10%.
+ Die Inflation, die in den 90er Jahren ein Problem war, liegt nur noch bei 1,3%.
+ Die Sparquote der Chinesen ist 40% — in den USA nur 5%.
+ Kreditfinanzierter Konsum existiert beinahe nicht.
+ Die Zentralbank hat jede Menge Handlungsspielraum (Zinssenkungen, riesige Devisenreserven etc.).
10% Wachstum, die es lange Jahre gegeben hatte, sind natürlich in Zukunft unmöglich, weil die Wirtschaftsleistung bereits so hoch ist. 4 – 7% werden es aber auch in den nächsten 5 Jahren sein.
2013 und 2014 waren die Zeitungen voll von Berichten über “Geisterstädte in China” und eine schreckliche “Immobilienpreisblase”.
Wahr ist, dass die Wohnungspreise 2014 ein paar Prozentpunkte gesunken sind. Inzwischen steigen sie aber wieder und die Leerstände gehen zurück — eine ganz normale Entwicklung im Wirtschaftszyklus. Es gab kaum kreditfinanzierte Käufe und bei vielen Millionen Menschen die vom Land in die Städte ziehen, stehen Wohnungen nicht sehr lange leer.
Richtig ist, dass die Industrie kaum wächst und Exporte und Importe sinken. Genau das ist aber von der Regierung gewollt und bei einem immer noch gewaltigen Wirtschaftswachstum von 4 – 7% unproblematisch.
Warum berichten unsere Medien also so negativ und falsch über das fernöstliche Land?
1. Kaum ein Journalist versteht die ökonomischen Zusammenhänge. Eher wird gegenseitig Unsinn abgeschrieben.
2. Wie üblich, müssen Medien 3 Mal mehr Negatives berichten als Positives, um der menschlichen Psyche zu entsprechen, die schlechte Nachrichten dreimal so stark wahrnimmt wie gute. Zeitungen wollen ja verkauft werden…
Fazit: Die Chinesen haben Erstaunliches in den letzten 40 Jahren geleistet und vieles spricht dafür, dass man den fernöstlichen Wirtschaftslenkern mehr zutrauen kann als unseren.